VBVG 2019 – Die 30 Tage Regelung

Tagesgenau und §191 BGB im neuen VBVG 2019

Keine Regel ohne Ausnahme

Leider ist jede Gesetzesänderung auch immer eine Quelle für Interpretationsspielraum oder Widersprüche die neutral betrachtet für eine Ausführung „eher problematisch“ sind. Das neue VBVG 2019 ist hier leider keine Ausnahme.

In den vorhergehenden Referentenentwürfen und den Diskussionen der Fachausschüsse noch nicht enthalten, enthielt der Regierungsentwurf des Änderungsgesetzes eine kleine nur wenige Buchstaben lange Ergänzung mit großer Wirkung.

…zeitanteilig nach Tagen zu berechnen; §187 Absatz 1, §188 Absatz 1 und §191 des Bürgerlichen Gesetzbuchs gelten entsprechend. aus §5 Abs. 2 VBVG 2019

Die zuvor in den wegweisenden BGH Urteilen von 2010 und 2011 gefundene stringente Definition eines Abrechnungs- bzw. eines Betreuungsmonats und wie deren Länge insbesondere für Aufteilungen zu beurteilen sind, wurde damit leider „über Bord“ geworfen.

Zur Verdeutlichung zeigen wir hier das Problem an Hand eines Beispiels auf.

Alt: Tagesgenaue Monatslänge

Bisher war laut BGH Urteil aus 2011 bei einer tagesgenauen Aufteilung (wie bereits zuvor im VBVG 2005 enthalten) stets die Länge des Betreuungsmonats die Grundlage bei der Aufteilung. Läuft ein Betreuungsmonat z.B. vom 13.3. bis einschl. 12.4. so ergab sich eine Länge des Betreuungsmonat von 31 Tagen.

Erfolgt nun eine tagesgenaue Aufteilung z.B. am 23.3.2019 ergibt sich: 11/31 + 20/31

Ist ein anderer Monat betroffen, ergibt sich auch eine andere Länge des zugrunde liegenden Betreuungsmonats. Lief der Betreuungsmonat z.B. vom 13.4. bis zum 12.5. so ergibt sich eine Länge des Betreuungsmonat von nur 30 Tagen.

Daraus folgt bei tagesgenauer Aufteilung am 23.4.: 11/30 + 19/30

Mathematisch ergibt die Summe beider Teile stets 1 (d.h. 31/31, 30/30 …) Monat. Womit es auch bei der Aufteilung von Kontingenten, Fallpauschalen o.ä. zu keinerlei rechnerischen Problemen führt.

Neu: 30 Tage gemäß §191 BGB

Der Regierungsentwurf VBVG-E für 2019 führt hier mit Nennung des §191 BGB die 30-Tage-Regelung durch die Hintertür ein.

Ändern sich Umstände, die sich auf die Vergütung auswirken, vor Ablauf eines vollen Monats, so ist die Fallpauschale zeitanteilig nach Tagen zu berechnen; §187 Absatz 1, §188 Absatz 1 und §191 des Bürgerlichen Gesetzbuchs gelten entsprechend. §5 Abs. 2 VBVG-E

Dies widerspricht in Wirkung und Berechnung somit der aktuellen Rechtsprechung des BGH. Das führt zu folgenden Problemen.

Beginnt ein Betreuungsmonat in Kalendermonaten mit 31 Tagen und wird dieser Betreuungsmonat nur gesetzeskonform „zeitanteilig nach Tagen“ aufgeteilt so ergibt sich folgendes mathematisches Problem:

Wie oben im Beispiel: Betreuungsmonat vom 13.3. – 12.4. bei Aufteilung am 23.3., was zu einer tatsächlichen Länge des Betreuungsmonat von 31 Tagen führt. Allerdings fordert nun das Gesetzt explizit und grundsätzlich die Nutzung von 30 Tagen als Teiler.

Daraus folgt bei tagesgenauer Aufteilung am 23.3.: 11/30 + 20/30

weil 13.3. bis 23.3. = 11 Tage | 24.3. bis 31.3. = 8 Tage | 1.4. bis 12.4. = 12 Tage

Daraus ergibt sich aber, das dieser Betreuungsmonat in der Summe nun 31/30 der Pauschale wert ist. Mithin ist er mehr als 1 Monat wert.

Dieser Vorteil greift aber natürlich nur in Monaten mit 31 Tagen. Bei den 30-Tage-Monaten ist das neutral, weil mathematisch korrekt und im Februar ergibt sich ein Nachteil, da 1/28 (bzw. 1/29) mehr wert als ein 1/30 ist. Statistisch gesehen ist der Betreuer aber mit dieser Regelung noch in einem wenn auch nur geringen Vorteil.

Aber…

Sicherlich wird das zu Diskussionen führen, denn bei oberflächlicher Betrachtung der Abrechnung erscheinen zwei Teilpositionen die im Kopf gerechnet in Summe 31/30 ergeben wo „das Bauchgefühl“ eigentlich 30/30 erwartet. Eine spontane Ablehnung des Vergütungsantrags könnte dann die Folge sein.

In der aktuellen Fassung rechnet BdB at work buchstabengetreu dem Gesetzestext entlang, d.h. Zähler des Bruchs ergibt sich aus „tagesgenau“ und der Nenner des Bruchs ergibt sich aus „§191“ (also 30 Tage). Wenn sich aus diesen Forderungen eben beim Teilen einer Vermehrung ergibt, mag das verwirrend sein, ist jedoch so gefordert.

Leider hat sich unsere Hoffnung nicht erfüllt, dass es bis zur Verabschiedung des Gesetzes nochmals eine Änderung geben würde. Der Einschub „… und § 191 BGB“ ist erhalten geblieben und tritt nun so in Kraft. Dieser Beitrag dient damit nun leider der Argumentation warum 31/30 in der Summe vollkommen korrekt ist.

veröffentlicht am 14.Juni 2019