VBVG 2019 – Die Änderungen

Was ändert sich alles mit dem neuen VBVG 2019 für die Betreuervergütung?

Alles bleibt wie es ist und es ändert sich doch

Grundsätzlich wird die Struktur des VBVG erhalten bleiben. Es gibt weiterhin drei Stufen der Unterscheidung hinsichtlich der Qualifizierung. Bisher mündete dies in den drei bekannten Stundensätzen von 27,- €,  33,50 € und 44,- € (§4 VBVG) die dann mit den Stundenkontingenten entsprechend der jeweiligen Fallkonstellation (Betreuungsdauer, Vermögensstatus & gewöhnl. Aufenthalt) multipliziert wurden.

Da diese Berechnung aus Kontingent mal Stundensatz insbesondere bei tagesgenauen Aufteilungen des Kontingents häufig zu sinnlosen Diskussionen um Cent-Beträge führten, soll das VBVG 2019 in einem Versuch der Vereinfachung dieses Konzept verbessern.

In drei Tabellen (eine für jede Qualifikationsstufe) wird ein pauschaler Betrag in Euro für einen Betreuungsmonat pro Fallkonstellation bestimmt. Diese drei Tabellen sind als Anhang im VBVG 2019 gesetzlich festgelegt.

  • Tabelle A – Betreuer ohne besondere Kenntnisse (Qualifikationsstufe Q1)
  • Tabelle B – Betreuer hat besondere Kenntnisse, z.B. durch abgeschlossene Ausbildung (Qualifikationsstufe Q2)
  • Tabelle C – Betreuer mit entsprechendem Hochschulabschluss (Qualifikationsstufe Q3)

„Kenntnisse“ beziehen sich dabei auf Kenntnisse die zur Führung von Betreuung qualifizieren bzw. nutzbar sind.

Weiterhin bleiben damit die drei Eckpfeiler für eine Fallkonstellation erhalten:

  • Betreuungsdauer – wie bisher vom Betreuungsbeginn des Klienten ausgehend
  • Vermögensstatus – wie bisher
  • Gewöhnlicher Aufenthalt – wie bisher, die Änderungen sind nur semantischer Natur, da „Heim“ aufgrund von zwischenzeitlicher Rechtsprechungen nicht mehr wirklich nur „Heim“ ist sondern man von „stationären Einrichtungen“ spricht. Am Ende bleibt es bei „Heim o.ä.“ und „Wohnung (=sonstige Wohnform)“

Im VBVG 2005 wurde die Betreuungsdauer über die bisherigen vier Stufen mit entsprechend abfallendem Wert des Betreuungsmonats berücksichtigt. Im VBVG 2019 ist dies um eine fünfte zeitliche Stufe erweitert. Während man nach altem Recht in Stufe 4 bereits die niedrigste „Endstufe“ erreicht hatte, wird nun nach dem zweiten Jahr eine neue fünfte Stufe „ab dem dritten Jahr“ zugefügt.

Die neue Abstufung sieht also jetzt so aus:

  1. Betreuungsmonat 1-3
  2. Betreuungsmonat 4-6
  3. Betreuungsmonat 7-12
  4. Betreuungsmonat 13-24
  5. Ab dem dritten Jahr (d.h. ab Betreuungsmonat 25)

Die so ausgestalteten Änderungen sind nur struktureller Natur und dienen tatsächlich etwas der Vereinfachung. Eine grundsätzliche Änderung findet nicht statt. Wir brauchen also auch nicht das Abrechnungssystem in BdB at work im Kern in Frage stellen.

Genau wie bisher gilt die Regel „nach drei Monaten“ darf abgerechnet werden. Die bisherige Rechtssprechung bleibt natürlich. Die Unterscheidung zwischen Betreuungs- und Abrechnungsmonaten wird weiterhin beibehalten. Im Gegenteil, die BGH-Urteile von 2011 sind sogar zur Verdeutlichung in das VBVG 2019 eingeflossen. So ist einiges z.B. durch die explizite Nutzung von „Betreuungsmonaten“ und „Abrechnungsmonat“ im Gesetzestext deutlicher geworden. Selbst zum „Vermögensstatus“ ist hierzu ein extra Absatz (§5 Abs. 4 VBVG 2019) eingefügt worden, der den Vermögensstatus „am Ende des Abrechnungsmonats“ deutlich macht (wie seit BGH-Urteil aus 2011 eigentlich schon immer gefordert).

Die gemeinen Details

Also bleibt alles wie bisher? Nun ja… nicht ganz, denn wie immer wenn sich viele Mitwirkende zusammen auf ein Gesetz einigen liegt der Teufel im Detail.

30-Tage Regelung

Ändern sich Umstände, die sich auf die Vergütung auswirken, vor Ablauf eines vollen Monats, so ist die Fallpauschale zeitanteilig nach Tagen zu berechnen; §187 Absatz 1, §188 Absatz 1 und §191 des Bürgerlichen Gesetzbuchs gelten entsprechend. §5 Abs. 2 VBVG 2019

Kleiner Einschub, große Wirkung. §187 und §188 beziehen sich auf die Fristenregelung, d.h. wie bekannt wird bei einem Statuswechsel erst der dem Wechsel folgende Tag entsprechend vergütet. Der erst im Regierungsentwurf hinzugekommen Zusatz „und §191“ bezieht sich auf die 30-Tage Regelung des BGB. Damit widerspricht dieses Gesetz dem BGH, das bei Aufteilung eines Monats (hier Abrechnungsmonat) die effektive Länge eben dieses Monats sehen will.

Die sich daraus ergebenen Probleme verdeutlichen wir für Sie ich in einem gesonderten Dokumentationsartikel über die 30-Tage Regelung um argumentationssicher gegen eventuell aufkommende abweichende Ideen zu sein.

Hinsichtlich der Bestimmung des Vermögensstatus des Betreuten ist entscheidend, ob am Ende des Abrechnungsmonats Mittellosigkeit nach §1836d des Bürgerlichen Gesetzbuchs vorliegt. §5 Abs. 4 VBVG 2019

Wie schon angerissen wird hiermit genau festgelegt wann der Statuswechsel im Vermögen festgestellt wird. Aufgrund der Formulierung entspricht dies exakt dem BGH-Urteil aus 2010 (XII ZB 170/08). Ist jemand am letzten Tag des Abrechnungsmonats mittellos, wird der gesamte zurückliegende Abrechnungsmonat als mittellos bewertet. Im Kern bedeutet dies, das ein Statuswechsel im Vermögen regulär nie zu einer tagesgenauen Aufteilung einer „Monatspauschale“ führt, denn egal welcher Status am Ende des Monats gilt, der ganze Abrechnungsmonat ist davon quasi „infiziert“ worden.

Da dies nun auch so deutlich im Vergütungsgesetz drin steht, wird die Abrechungsoption C von BdB at work hinfällig und wird (bis zum Beweis des Gegenteils) auch in VBVG 2019 Abrechnungen durch BdB at work nicht mehr berücksichtigt.

Sonderpauschalen

Um den selbst durch Gutachten bestätigten Problemen hinsichtlich einzelner besonders arbeitsintensiven Betreuungen gerecht zu werden, wurde ein zusätzlicher Paragraph §5a ins VBVG 2019 eingeführt. Hier werden die Anteile der Vergütung aufgeführt, die über die nach bekanntem Muster pro Monat zu leistende Vergütung hinausgehen, bzw. diese ergänzen.

Ist der Betreute nicht mittellos, wird der Betreuer mit einer zusätzlichen monatlichen Pauschale in Höhe von 30 Euro vergütet, wenn dieser die Verwaltung

  1. von Geldvermögen in Höhe von mindestens 150 000 Euro,
  2. von Wohnraum, der nicht vom Betreuten oder seinem Ehegatten genutzt wird, oder
  3. eines Erwerbsgeschäfts des Betreuten zu besorgen hat.

§5a Abs. 1 VBVG 2019

Bedeutet: Der Betreuer erhält zusätzliche einen monatlichen 30,- Euro-Zuschlag auf die „normale“ Vergütung für diesen Fall wenn einer der drei Punkte erfüllt ist. Diese Regelung ist ausdrücklich nicht kumulierbar. Zwei Treffer bei den Gründen bedeuten nicht, das man 2 x 30,- € erhält. Es bleibt bei 30,- € pro Monat und betroffenem Fall.

Zusätzlich bedeutsam: Diese monatliche Zusatzpauschale wird nie aufgeteilt. Ist ein Tag im abzurechnenden Monat durch die 3 Gründe berührt, kann der Betreuer die 30,- € für diesen Monat beanspruchen. Dafür ist auch kein gesonderter Beleg o.ä. zu erbringen. Erst auf Nachfrage muss ein Beleg erbracht werden.

Findet ein Wechsel von einem ehrenamtlichen zu einem beruflichen Betreuer statt, ist der berufliche Betreuer mit einer einmaligen Pauschale in Höhe von 200 Euro zu vergüten. §5a Abs. 2 VBVG 2019

Ebenfalls neu hinzugekommen ist eine Einmal-Pauschale bei der Übernahme aus Ehrenamt. Bisher gab es nur eine Besonderheit bei Übergabe an Ehrenamt. Übernimmt ein Betreuer also eine Betreuung von einem ehrenamtlichen Betreuer, so erhält er einmalig und zusätzlich 200,- €.

Die bekannte Variante bei Übergabe an Ehrenamt wurde präzisiert:

Findet ein Wechsel von einem beruflichen zu einem ehrenamtlichen Betreuer statt, ist der berufliche Betreuer mit einer einmaligen Pauschale in Höhe des 1,5-fachen der zum Zeitpunkt des Betreuerwechsels zu vergütenden Fallpauschale zu vergüten. Dies gilt auch dann, wenn zunächst neben dem beruflichen Betreuer ein ehrenamtlicher Betreuer bestellt war und dieser die Betreuung allein fortführt. §5a Abs. 3 VBVG 2019

Dies ist in ähnlicher Form auch bereits nach altem Recht bekannt. Auf den bisherigen Streitpunkt des „Ende des nächsten (welchen?) Monats“ und einer inhärenten Ungerechtigkeit (Übergabe am Anfang eines Monats bringt mehr als Übergabe am Ende) wurde im neuen Recht allerdings verzichtet und durch eine deutlich klarere Variante ersetzt.

Übergibt der Betreuer nach EA, erhält der Betreuer 1.5 mal die in dem Moment (d.h. am Tag der Übergabe) geltende Fallpauschale entsprechend der Fallkonstellation und der Betreuer-Qualifikation. Also dem 1.5-fachen dessen was der im Moment der Abgabe laufende Abrechnungsmonat „wert“ ist.

Auch hiermit fällt eine Programmoption weg. Die Diskussion um „Ende des nächsten Kalendermonats“ oder „Ende des nächsten Betreuungsmonats“ ist damit erledigt.

Stichtagsregelung

Normalerweise ist es so, dass Änderungsgesetze immer auf dem 1. eines Monats in Kraft treten. Bei allen Abgaben wie z.B. Steuern gilt immer die Stichtagsregelung. Alles was vorher stattfindet wird nach altem Recht, hinterher nach neuem Recht berechnet. Nicht so in diesem Fall. Bei all der Vereinfachung hat sich der Entwurf etwas ziemlich Kurioses bis zum Schluss aufbewahrt.

Nicht nur dass durch das Inkrafttreten „vier Wochen nach Verkündung“ das neue Recht nicht auf den ersten eines Monats in Kraft tritt. Zur „angeblichen“ Vereinfachung für die Gerichte wurde ein Übergangsregelung eingeführt die abweichend von oben beschriebener Stichtagsregelung einen „fließenden“ Übergang vorsieht. Hierzu wurde explizit für „Bestandsfälle“, also alle vor dem Inkrafttreten bereits bestehenden Betreuungsfälle, folgendes als Übergangsregelung ausformuliert.

Auf Vergütungsansprüche von Betreuern, Vormündern, Pflegern und Verfahrenspflegern für Leistungen, die vor dem 27. Juli 2019 erbracht wurden, ist dieses Gesetz bis zum Ende des angefangenen Betreuungsmonats in seiner bis dahin geltenden Fassung anzuwenden. §12 VBVG 2019

Im Klartext bedeutet dies, dass der Abrechnungsmonat der den oben besprochenen (zufälligen) Tag des Inkrafttreten des Gesetzes abdeckt nicht etwa entsprechend tagesgenau auf Stichtag aufgeteilt wird sondern der gesamte Abrechnungsmonat wird bis zum Ablauf eben dieses Abrechnungsmonats nach altem Recht abzurechnen sein. Erst mit dem dann folgenden Abrechnungsmonat setzt die Wirkung des neuen Rechts nach VBVG 2019 dann ein.

Die Wirkung der Anhebung, d.h. die höhere Vergütung wird bei jedem Betreuer und jedem Klienten zu einem (potentiell) anderen Tag eintreten.

Über die Fairness einer solchen Regelung kann man streiten. Allerdings ist die ausformulierte Vorgehensweise präziser und damit deutlich diskussionsärmer als in 2005 bei Einführung des VBVG. Auch wenn das naturgemäß zu einigen Diskussionen führen wird, werden wir vorerst in BdB at work hierfür keine gesonderte Option benötigen.

Die aktuelle Version von BdB at work kann alle Abrechnungen VBVG 2019 konform durchführen und hält auch die eher gewöhnungsbedürftigen Zusatzregeln und -pauschalen automatisch und ohne die Notwendigkeit zusätzlicher Optionen ein.

veröffentlicht am 14.Juni 2019