BGH konform abrechnen

BGH konforme Abrechnungsoptionen in BdB at work

In 2010 hatte der Bundesgerichtshof (BGH) in zwei Verfahren erstmalig über die Rechtmäßigkeit und die Form von Vergütungsanträgen nach VBVG zu entscheiden. In den Urteilen bzw. deren Begründung wurden teils neue, bis zu dem Zeitpunkt von der Rechtsprechung noch nicht berücksichtigte Vorgehensweisen bei einem Vergütungsantrag präzisiert.

BdB at work erhielt kurze Zeit später per Update die notwendigen zusätzlichen Abrechnungsoptionen die dieser neuen Rechtslage entsprachen und so eine BGH-konforme Antragsstellung ermöglichte. Zugleich wurde der nachfolgende Text veröffentlicht um allen BdB at work Nutzern beide BGH-Urteile und deren Konsequenzen bei ihrer täglichen Abrechnung zu verdeutlichen. Inhaltlich gilt dieser Beitrag weiterhin und dient hier der genauen Beschreibung dieser zwei wichtigen Einstellungen der Abrechnungsoptionen.

Zwei Urteile des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 15.12.2010 mit dem Aktenzeichen XII ZB 170/08 und vom 25.05.2011 mit dem Aktenzeichen XII ZB 440/10 stellen neue Anforderungen an die Abrechnung von Betreuungsvergütungen nach VBVG. Das erste Urteil betrifft Vergütungen, wenn diese im abzurechnenden Zeitraum einen oder mehrere Vermögenswechsel enthalten. Das zweite Urteil betrifft Betreuungen, wenn diese durch eine Betreuungsübernahme erfolgen.

Bisher galt entsprechend dem Wortlaut des VBVG und zuletzt durch das OLG Brandenburg bekräftigt (30.07.2007, 11 Wx 014-07) die „tagesgenaue“ Aufsplittung des Betreuungsmonats entsprechend der Anzahl Tage vom und bis zum Tag des Ereignisses (hier der Vermögenswechsel).

Dies ist jetzt vom BGH auf Antrag des OLG München verändert worden. Wie man der ausführlichen Begründung entnehmen kann, gilt für den Vermögenswechsel abweichend von allen anderen Ereignissen (wie z.B. Wechsel der Häuslichkeit oder auch Betreuungsende) nicht mehr die Aufteilung des Betreuungsmonats genau auf den Ereignistag. Im Fall eines Vermögenswechsels ist jetzt am Ende des jeweiligen Betreuungsmonats der Vermögensstatus des Klienten ausschlaggebend für den gesamten zurückliegenden Betreuungsmonat.

Es ist zu beachten, dass dies ausdrücklich für einen Betreuungsmonat und nicht für die Abrechnungs¬periode (z.B. ein Betreuungsquartal) gilt. Es ist also bei einem üblicherweise über drei Betreuungs¬monate laufenden Abrechnungszeitraum für jeden der betroffenen Betreuungsmonate einzeln an dessen Ende der Vermögensstatus zu berücksichtigen.

Das BGH hat in seiner Begründung ausdrücklich betont, dass diese Betrachtungsweise ausschließlich für Vermögenswechsel gilt. Alle anderen Ereignisse müssen weiterhin tagesgenau berechnet werden.

Da diese, nun abschließend festgelegte Interpretation von der bisherigen Rechtsprechung abweicht, musste BdB at work mit einem Update auf die neue Abrechnungssituation angepasst werden.

Hierzu wurden die bereits bekannten Einstellungen der BdB at work Abrechnungsmethoden A bis E aktualisiert und um zwei weitere Auswahlmöglichkeiten erweitert. Im Nachfolgenden erläutern wir die aktualisierten Optionen ausführlich und zeigen zusätzlich zulässige, aber auch unzulässige Optionseinstellungen auf.

B – Berechnung der Monate

Nach Einführung des VBVG im Juli 2005 gab es verschiedene Diskussionen um die Auslegung des im Gesetz verwendeten Begriffs „Monat“. In der Zwischenzeit hat sich dies in der allgemeinen Ansicht und auch in der Rechtsprechung als „Betreuungsmonat“ gefestigt. Der sich auf diesen Begriff beziehende Gesetzeswortlaut „tagesgenau“, wie er für die anteilige Aufteilung eines Monats bei einem Abrechnungsereignis notwendig wird, ist bisher nicht höchstrichterlich geklärt. Gleichwohl hat sich in zunehmendem Maße eine bevorzugte Interpretation gefestigt. Hierbei wird zur Bewertung eines einzelnen Tages die Anzahl der zugrunde liegenden Tage im jeweiligen Betreuungsmonat genommen. Dies entspricht im Übrigen auch den Beispielen wie sie vom Gesetzgeber in der Begründung zur Vorlage des 2. BtÄndG aufgeführt wurden (vergl. Bundesdrucksache 15/2494, 12.2.2004).

Diese grundsätzliche Ansicht wird jetzt auch von BdB at work unterstützt und in zukünftigen Versionen von BdB at work als Standardeinstellung vorgegeben.

Natürlich kann BdB at work auch weiterhin die bereits bekannten Varianten der Interpretation wie z.B. „tagesgenau“ mit Bezug auf Kalendermonate oder auch die eher exotische 30-Tage-Methode in Anlehnung an die Zinsrechnung der Banken durchführen. Diese Optionen stehen ausschließlich aus historischen Gründen zur Verfügung und deren Nutzung wird nicht empfohlen.

C – Bestimmung des Vermögensstatus

Vor und auch einige Jahre nach Einführung des VBVG galt in der Regel der einfache Grundsatz, dass für den gesamten Vergütungsantrag der Vermögensstatus zum Zeitpunkt des Antrages zu berücksichtigen war. In zunehmendem Maße wurde aber nach Einführung des VBVG auch in der Rechtsprechung hier eine genauere Unterscheidung vorgenommen.

Zusätzlich zu den historisch bedingten zwei Varianten „zum Ende der Abrechnungsperiode“, bzw. „zum Zeitpunkt des Antrages“ hat BdB at work hier noch die Option „tagesgenau“. Diese galt bis zum jetzigen BGH-Urteil als die wortgetreue Umsetzung des VBVG.

Nach dem BGH-Urteil wurde jetzt eine neue Option „… am Ende jedes Betreuungsmonats“ eingeführt. Diese Einstellung spiegelt den Inhalt des BGH-Urteils wieder und berücksichtigt den Vermögensstatus am Ende eines jeden Betreuungsmonats über den gesamten Abrechnungszeitraum hinweg und stellt ab sofort unsere Empfehlung und Standardeinstellung dar.

Die neue Option hat zur Folge, dass im Betreuungsmonat von Ihnen jederzeit ein Vermögenswechsel eingetragen werden kann, jedoch die Entscheidung welches Stundenkontingent Ihnen für den gesamten Monat zur Verfügung steht mit dem Status am Ende des Betreuungsmonats getroffen wird. Durch die Wahl eines Wechseltermins innerhalb des Betreuungsmonats erhalten Sie wie gewohnt zwei Einträge mit den entsprechenden tagesgenauen Anteilen. Beide Teile werden jedoch mit dem gleichen Stundenkontingent bewertet und ergänzen sich so zu einem ganzen Monat. Diese Wahl dokumentiert den Zeitpunkt des Vermögenswechsels genau.

Alternativ können Sie den Vermögenswechsel bewusst auf den letzten Tag eines Betreuungsmonats legen. In unserem Beispiel ist dies z.B. der 18.4.2011. Tritt der Wechsel nämlich genau am letzten Tag des Betreuungsmonats auf, erfolgt keine weitere Aufteilung sondern der gesamte in einer Zeile abgebildete Abrechnungszeitraum wird mit dem rückwirkenden Vermögensstatus berechnet.

A – Bestimmung des Abrechnungszeitraums

Im zweiten aktuellen BGH Urteil vom 25. Mai 2011 ging es um den abrechenbaren Zeitraum bei Betreuungen, die aus einer Übernahme von einem vorherigen Betreuer stammen. Bisher war hier die verbreitete Meinung, dass der neue Betreuer in seiner ersten Abrechnungsperiode ein sogenanntes Rumpfquartal abzurechnen habe um den normalen Abrechnungszyklus parallel zum Rhythmus der Betreuungsquartale abzurechnen. Dies führte grundsätzlich zu einer einmalig verkürzten ersten Abrechnungsperiode die dann auch kürzer als die in VBVG geforderten „drei Monate“ war.

Das BGH hat in dieser Sache jetzt entschieden, dass die Forderung nach einer zwangsweisen Synchronisation von Abrechnungsrhythmen mit den Betreuungsquartalen nicht statthaft ist und diese unabhängig voneinander betrachtet werden müssen.

Dies bedeutet, dass der dreimonatige Abrechnungsrhythmus nicht deckungsgleich mit dem dreimonatigen Betreuungsquartalsrhythmus ist und entsprechend auch zu einer zeitlich entzerrten Abrechnung führt. Der Folgebetreuer rechnet somit nicht betreuungsquartalweise ab, wie es bei einer „normalen“ Erstbestellung die Regel ist, sondern in dreimonatiger Folge beginnend mit dem Datum der Übernahme. Die der Abrechnungshöhe zugrundeliegenden Betreuungsquartale laufen trotzdem regulär beginnend mit dem Betreuungsbeginn der Erstbestellung weiter.

Hier besteht auch leider der Schwachpunkt des Urteils, denn das BGH hat hier versäumt zu präzisieren wie eine solcher „dreimonatiger Abrechnungszeitraum“ genau aufgebaut ist. Es ergeben sich bei der Vorgabe nämlich zwei verschiedene Möglichkeiten, die zu unterschiedlichen Endsummen führen.

Variante 1 – Betreuungsmonate mit Anteilen als Grundlage

Wird die im Urteil vorgenommene strikte Trennung zwischen Abrechnungsgrundlage und Abrechnungszeitraum konsequent weitergeführt, so führt dies zwangsläufig auch zur Aufführung von Bruchteilen von Betreuungsmonaten am Anfang und am Ende eines jeden Vergütungsantrags. In der nachfolgenden Grafik sind die Auswirkungen dieser Abrechnungsmethodik nochmal verdeutlicht.

In dieser Darstellung sieht man ebenfalls deutlich, wie sich die gebrochenen Anteile am Beginn und Ende einer Abrechnung über die Abrechnungen hinweg wieder zu einem ganzen Betreuungsmonat ergänzen und somit die Aufteilung nicht zu einer Veränderung der Vergütungssumme insgesamt führt.

Aufgrund des im VBVG verankerten Aufrundungsgebots (auf volle Zehntel) kommt es durch diese Anteile jedoch in den meisten Fällen zu einer Erhöhung um maximal 1/10 Stunde der gesamten Abrechnungssumme. Eine stete Ergänzung zu 100% eines Monats wie man es an der Grafik vermuten kann, findet nicht statt.

Die Abrechnung sieht in dieser Variante für die erste Abrechnungsperiode wie folgt aus:

Variante 2 – Betreuungsmonate mit Anteilen als Grundlage

Alternativ werden die Abrechnungsmonate als vollständige Monate im Sinne des VBVG gesehen und als solche mit jeweils einem vollständigen Stundenkontingent abgerechnet. Dies führt zu einer „sauberen“ Rechnungsdarstellung mit drei geschlossenen Monaten ohne jede zusätzliche Aufteilung von Anteilen an den Rechnungsgrenzen.

Hieraus ergibt sich dann eine Abrechnung nach folgendem Muster:

In diesem Beispiel ist deutlich zu sehen, dass auch bei dieser Variante anteilige Brüche entstehen. Dies geschieht jedoch ausschließlich beim Stufenwechsel, mithin maximal dreimal innerhalb der gesamten Betreuung. Ab Erreichen der Vergütungsstufe 4 erfolgt dann die Abrechnung von jeweils vollständigen und ungebrochenen Abrechnungsmonaten wie sie bereits von der Abrechnung vollständiger Betreuungsquartale bekannt ist. Einziger Unterschied zu diesen ist dann Start- und Endzeitpunkt des Abrechnungszeitraumes, welche sich hier ja an der Übernahme und nicht am Betreuungsbeginn orientiert.

Zum Vergleich hier die Abrechnungsdarstellung der ersten Abrechnungsperiode für Variante 2:

Unabhängig von dieser Darstellung wird natürlich auch in Variante 2 weiterhin tagesgenau aufgeteilt wenn ein dafür zulässiges Ereignis wie z.B. ein Stufenwechsel oder Wechsel von Wohnung nach Heim stattgefunden hat.

Schlussfolgerung aus Variante 1 und 2

Für BdB at work ist die grundsätzliche Abrechnungsmethodik mit „drei Monaten nach letztem Antrag“ nicht neu und bereits in allen BdB at work Versionen seit vielen Jahren enthalten. Wie bei Übernahmen üblich wird diese zusätzlich zum Ereignis „Betreuungsbeginn“ mit dem Datum der Übernahme im Betreuungsverlauf eingetragen.

Als Abrechnungsoption in A wird diesem übernommenen Klienten dann die Option „drei Monate nach letztem Antrag“ eingestellt. BdB at work orientiert sich nun in den Abrechnungen  am Beginn, bzw. der Übernahme und arbeitet dann von dort ausgehend im drei-Monats-Rhythmus. Hierbei darf auch die Option „Klienten bis Stichtag abrechnen“ nicht gesetzt sein.

Wie Sie sehen, geht der vorgeschlagene Abrechnungszeitraum nur vom 18.12.2010 über drei Monate bis zum 17.03.2011, obwohl hier als Stichtag der 15.04.2011 gesetzt ist. Auch beim ersten Vergütungsantrag ist es nicht notwendig, diese Option zu setzen, da BdB at work sich automatisch am Betreuungsbeginn oder wenn vorhanden an der Übernahme orientiert wenn keine „letzter Antrag“ vorhanden ist an der sich die Einstellung „drei Monate nach letztem Antrag“ ausrichten kann. Sie kommen so automatisch in den vom BGH als korrekt bezeichneten Abrechnungsrhythmus.

Ob Sie die Abrechnung nun in Variante 1 mit anteiligen Betreuungsmonaten am Anfang und zum Ende einer jeden Abrechnung durchführen oder diese in Variante 2 mit vollen Abrechnungsmonaten und einem Minimum an Rundungen und Monatsbruchteilen durchführen bleibt Ihnen überlassen.

Wir empfehlen jedoch die Nutzung von Variante 2. Diese ergibt die geringste Anzahl von Brüchen und Rundungen und führt gleichzeitig, spätestens ab Vergütungsstufe 4 zu klaren und leicht nachvollziehbaren Abrechnungen.

BdB at work rechnet deshalb standardmäßig in Variante 2 ab!

Sollten Sie dennoch Variante 1 bevorzugen, müssen Sie manuell die Verwendung von ganzen Abrechnungsmonaten deaktivieren. Entfernen Sie dazu den Haken in der Option für die Pauschalabrechnung:

Fazit und Schlussfolgerung

Hier zusammenfassend eine Gesamtbetrachtung der Einstellungen zu A, B und C.

Mit der Option A wird entschieden, in welchem grundlegenden Raster die Abrechnungszeiträume berechnet werden und wann so abzurechnende Leistungen vom Programm vorgelegt werden sollen.

Hierbei ist zu beachten, dass die Wahl in Option A sich mit der Option B unbedingt inhaltlich ergänzen. So ergeben sich z.B. zwangsläufig Ungereimtheiten, bzw. mehrfache Restbrüche von Stundenkontingenten am Ende einer Abrechnung, wenn Sie sich in A für „Kalenderquartale“ entscheiden und zugleich B auf „effektive Länge des Betreuungsmonats“ stehen haben. Entnehmen Sie der folgenden Tabelle, welche der Kombinationen harmonieren und welche zwar rechnerisch möglich, inhaltlich aber eher als „exotisch“ bis „unsinnig“ zu bezeichnen sind.

Wir haben uns hier ganz bewusst gegen eine Einschränkung der Auswahlmöglichkeiten entschieden. Nur so können Sie, trotz möglicherweise inhaltlich eher fraglicher Resultate, ein Ergebnis erzeugen, welches Ihren Diskussionspartner auf jeden Fall zufriedenstellt. Wir empfehlen aber nachdrücklich, Ihre Auswahl auf die empfohlenen Kombinationen zu beschränken. Diese Empfehlungen beruhen auf aktueller Rechtsprechung, fachlicher Beratung z.B. durch den Bundesverband der Berufsbetreuer/innen e.V. und unserer umfangreichen Erfahrung mit Anforderungen von Betreuungsgerichten aus ganz Deutschland.

Beachten Sie, dass wir in Option A zwei Empfehlungen geben. Bei Betreuungen mit Übernahme von einem Vorbetreuer muss auf jeden Fall „drei Monate nach letztem Antrag“ gewählt werden um BGH-Urteilskonform abzurechnen. Für alle anderen, durch Erstbestellung zugeteilten Betreuungen reicht auch „Abrechnung nach Betreuungsquartale“. Für solche „normalen“ Betreuung ohne Übernahme ergeben beide empfohlenen Einstellungen das gleiche Ergebnis, wenn Sie BdB at work nicht zu einem Stichtag zwingen sondern den vorgeschlagenen Abrechnungstermin übernehmen.

Je nach gewählter Grundüberlegung hinsichtlich Kalender- oder Betreuungsmonaten ist hier eine Kombination zu wählen, die inhaltlich zusammenpasst. Von einer Kombination aus verschiedenen Farben (blau, grün, grau) ist dringend abzuraten, denn damit werden Berechnungsmethoden zusammengeführt, die eigentlich verschiedene Ziele haben und so zwangsweise zu eher „exotischen“ und nach aller Erfahrung nicht gewünschten Ergebnissen führen. Besonders die Kombination aus blauen und grünen Optionen ist nicht geeignet, ein inhaltlich sinnvolles Ergebnis zu erreichen.

Entscheiden Sie sich nur dann von unseren Empfehlungen abzuweichen, wenn Sie von Ihrem Rechtspfleger eindeutig zu einer abweichenden Lösung aufgefordert wurden. In einem solchen Fall sollten Sie genau hinterfragen, warum diese Änderung gewünscht ist und ob das angestrebte Ergebnis nicht über einen anderen Weg erreicht werden kann. Kontaktieren Sie im Zweifel unseren Kundenservice. Wir helfen Ihnen bei der Findung der Einstellungen für das angestrebte Ziel gerne weiter.

veröffentlicht am 12.Oktober 2010
aktualisiert übernommen Mai 2015